Das im letzten Jahr angekündigte Alternativfernseh-Projekt von YouTube, Google TV, scheint beim amerikanischen Publikum angekommen zu sein. Thematisch gegliedert in Musik, Lifestyle und Sport, sollen die neuen YouTube-Kanäle nun schrittweise weltweit verfügbar gemacht und als neues Entertainmentmodell ausgebaut werden.
Laut Medienberichten wurde im letzten Jahr auch mit führenden Fernsehsendern verhandelt. Allerdings möchten diese ihre Inhalte vorerst nicht zur Verfügung zu stellen, weil damit ihr gegenwärtiges Geschäftsmodell, das auf Werbung oder Gebühren basiert, hinfällig werden würde.
Google TV ist für die Darstellung auf den Fernsehbildschirm angepasst. Inhaltlich sind viele der neuen Kanäle vergleichbar mit unbedeutenden Regionalsendern des amerikanischen Kabelangebotes. Die Macher sind sich zwar bewusst, dass sie mit althergebrachten Fernseh-Konventionen kokettieren und von vielen Sendungen geht ein Hauch von rebellischem Geist aus, aber auf der anderen Seite wirken die Kategorien der neuen Kanäle meist wie Imitationen von MTV, Sat1 oder Bravo (hier gibts tolle Tipps von Dr…). Es gibt bei den meisten Kanälen einen starken Trend in Richtung Dauerwerbesendung, insbesondere bei Ablegern und Portalen von Medienunternehmen, wie z.B. der Kanal BeFit, der von Lionsgate produziert wird und Charaktere von “The Hunger Games”, (ein Lionsgate Film) in Werbespots ummünzt.

Wohl unabwendbar ist der Trend zu Sendungen für ein immer kleineres Nischen-Publikum. Man klickt sich dann schon mal, wie im Privatfernsehen, durch ein klebriges Durcheinander aus Blockbuster-Filmen, Promi-Klatsch, Wrestling, motorisierten Sport und seltsamen Nachrichten. Leider zieht sich dieses Prinzip wie ein roter Faden durch das ganze Programm: Fadheit und Einheitlichkeit.
Ist es das endgültige Ende der „großen Erzählung“, wie von Walter Benjamin in einem Essay, als mögliche Wirkung der neuen Medientechniken beschworen oder werden wie bei Vilem Flusser, in Zukunft alle Netzwerke und Systeme in den Zustand der Entropie versinken?
Fernsehen schauen kann eine ebenso triviale, senderseitig codierte Tätigkeit sein, aber die starre Organisation der Angebote (und ihre relativ überschaubare Anzahl) geben die Erfahrung einer Zeitlichkeit, die bei YouTube/GoogleTV fehlt.
Am Ende ergänzen sich beide Welten zum Vorteil des Publikums: Die Klarheit, Qualität und Trägheit des älteren Mediums wird durch die Vielfalt und die Energie der YouTubeTV-Programme ausgeglichen.
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