Als ich die spartanische, aber schicke Verpackung meines Amazon Echo öffnete, fand ich eine kleine Liste von Beispiel-Fragen, wie zum Beispiel eine Starthilfe für Touristen, die das Gerät im Ausland als Freisprecheinrichtung oder Navi verwenden möchten.
Während ich einerseits verstehe, dass einem intelligenten Stück Plastik Anweisungen zu geben, gelernt sein will, weiß ich nicht, ob ich andererseits bereit sein werde Sprachbefehle um ihrer selbst willen zu verwenden. Alexa ist darauf programmiert, Fragen zu beantworten, von denen ich nicht weiß, dass ich sie fragen muss.
Fast vier Jahre nach dem Debüt von Echo und Alexa, verdreifachten sich die Verkäufe und Analysten gehen davon aus, dass 2018 weltweit bis zu 60 Millionen Einheiten über den Ladentisch gehen werden.
Nachdem Amazon den Markt anfangs dominierte, startete Google im November 2016 seinen smarten Home-Lautsprecher “Google Home”, worin der Google Assistant steckt.
Apples Siri-HomePod wurde nach den erfolgreichen AirPods, mit einem höheren Preis und dem Versprechen überlegener Audioqualität und verbesserter Benutzerfreundlichkeit gegenüber der Konkurrenz auf den Markt gebracht. Tatsächlich spielt der HomePod klanglich in einer anderen Liga.
Die sechs Mikrofone des HomePod erkennen nicht nur die Sprachbefehle für Siri, sondern ermitteln anhand der zurückkehrenden Schallwellen, wo sich der Lautsprecher im Raum befindet. So kann der HomePod dominierende Musikinstrumente akustisch direkt zum Hörer ausrichten – sowie begleitende Instrumente in entgegengesetzter Richtung zur Wand abstrahlen und damit für ein räumlicheres Hörerlebnis sorgen.
Wäre der Sound das alleinige Kriterium, würde Apple die Konkurrenz in den Schatten stellen. Allerdings kann der HomePod derzeit nur in Apples “Walled Garden” existieren. Für den Sprachkommando-Betrieb eines HomePods wird nicht nur ein aktuelles iOS-Gerät, sondern auch das hauseigene Apple-Music via iTunes-Bibliothek zur Pflicht. Einen zweiten HomePod in unmittelbarer Nähe erkennt das System selbständig, was unkomplizierten Stereo-Betrieb ermöglicht. Apples Multiroom-Protokoll AirPlay 2, was den Einsatz mehrerer HomePods in unterschiedlichen Räumen ermöglicht, folgt als Update.
Amazons Lautsprecher dagegen, aber auch das Sonos-System, bieten direkte Unterstützung für Spotify. Bei Apple muss man für die Nutzung von Diensten außerhalb des “Walled Garden” sein iPhone oder iPad integrieren und den Stream auf den HomePod umleiten. Dieser versteht allerdings nur Siri, während andere Hersteller smarte Modelle anbieten, die mehrere Dienste unterstützen und beispielsweise auch den Google Assistant an Bord haben – wie Sonos mit dem Modell One.
Machen Streaming-Abos Sinn?
Der Markt für intelligente Lautsprecher wird von Tag zu Tag größer: Microsofts virtuelle “Assistentin” Cortana wurde in ein Harman Kardon-Lautsprechersystem gesteckt; auch Samsungs Bixby wird es noch 2018 in Lautsprecherform geben. Nicht zu vergessen: Panasonic, Sonos und Sony.
NPR und Edison berichten, dass 60 Prozent der befragten Nutzer ihre Smart Speaker zum “Musik abspielen” verwenden. So überrascht es nicht, dass “streaming music” als die Killer-App dieser Geräte bezeichnet werden kann. Danach kommen allgemeine Fragen (von 30 Prozent der Befragten genannt) und das aktuelle Wetter (28 Prozent). [1]
Ein kürzlich veröffentlichter Bericht stellt zudem fest, dass fast die Hälfte der Besitzer für ein Streaming-Abo zahlen; eine Zahl, die voraussichtlich noch steigen wird.
Drei der größten Technologieunternehmen der Welt setzen interaktive Lautsprecher ein, um Zuhörer auf ihre Musik-Plattformen zu führen und um Abos abzuschließen.
Aber die Rolle dieser Geräte bei der Organisation des Alltagslebes ist Teil einer viel breiteren Kampagne, um das gesamte Haus zu einem reibungslos funktionierenden, datengetriebenen Ganzen zu vernetzen.
Digitale Musikdateien selbst, wurden in den letzten Jahren als “intelligente” Objekte neu verpackt und dem Kunden eine Verbesserung der Nutzererfahrung versprochen – was umfangreiche Datenmengen über die Zuhörer voraussetzt: Eine Art sanfter Überwachung.
Intelligente Lautsprecher lassen sich perfekt in einer digitalen Musiklandschaft einordnen, die von Streaming-Plattformen, wie Spotify, Apple Music, Tidal und Co kolonisiert wird, um jede Aktivität als bedeutungsvollen Soundtrack besser zu kuratieren.
Obwohl Amazons Echo nicht explizit für Musik entwickelt wurde, war es wohl eher kein Zufall, dass Amazon Prime Music seinen kostenlosen Service für Amazon Prime-Mitglieder, einige Monate vor der Einführung des Echo lancierte.
Während Spotify sich durch persönlich kuratierte Wiedergabelisten auszeichnet, Tidal und Apple Music, Künstlern exklusive Angebote auf ihren Plattformen bieten, versucht Amazon Music sich mit Voice-Search abzugrenzen.
Finden Alexa, Siri & Co die richtige Antworten?
Eines der wichtigsten Probleme, mit denen sich Programmierer und Gestalter von Sprachsuche herumschlagen, ist das Problem des Interfaces. Bei der Sprachsteuerung mit Kommandos entfällt der Luxus, den Kunden mehrere und ausführliche Ergebnisse zu liefern. Im Gegensatz zu einer visuellen Schnittstelle mit sortierten Antworten auf eine Frage, bei der die Benutzer zwischen mehreren Antworten wählen können, können Alexa und Co. immer nur eine Antwort liefern – sonst entsteht Verwirrung In der Welt der smarten Lautsprecher ist es wichtig, zuerst die richtige Antwort zu finden. [2]
In einer plattformübergreifenden Musikumgebung werden den Titeln umfangreiche digitale Informationen, sogenannte Metadaten beigefügt, die Codes, Kaufverhalten und Aktivitätsinformationen verfolgen. Während Plattformen Metadaten durch maschinelle Lerntechniken und menschliche Kuratierung erzeugen, die u. a. bestimmen können, ob ein Lied einer Gattung zuzuordnen ist, wollen Musik-Labels verständlicherweise nicht leer ausgehen.
Wenn Leute anfangen, mit intelligenten Lautsprechern zu interagieren, werden sie sagen wollen: ‘Alexa, ich möchte Ambiente hören’ oder ‘spiele Musik für mein 8-jähriges Kind’. Und hier könnte ein Label einspringen und den großen Plattformen Metadaten zur Verfügung stellen, wie, ‘Das wäre ein Titel für diese spezielle Stimmung.’
Wo zeigt sich die Kehrseite der sympathischen Gadgets?
Smart Speaker dringen bereits in den gängigsten Hörmodus vor: den Rundfunk. Es gibt bereits Programme, die mit ihren eigenen spezifischen Sprachbefehlen andocken. Radioplayer sowohl im heimischen als auch im mobilen Bereich werden es dagegen sehr schwer haben.
Amazons integriertes Hörerpublikum ist signifikant: Amazon Music standen letztes Jahr 16 Millionen Abonnenten zur Verfügung, gut genug für den dritten Platz hinter Spotify und Apple, und es ist anzunehmen, dass diese Zahlen stetig steigen und mit der zunehmenden Echo-Integration korrelieren werden.
Konservative Musikliebhaber werden auch in Zukunft keine intelligenten Lautsprecher verwenden wollen, um Musik zu hören. Sie müssten dazu mit virtuellen Assistenten interagieren oder etwas verwenden, das der natürlichen Sprache nahe kommt.
Nichtsdestotrotz, neben den ungehobelten Sprachschnittstellen, die vor ein paar Jahren nur roboterhafte Äußerungen verstehen konnten, ermöglichen inzwischen “intelligente” Lautsprecher eine informellere, sogar unterhaltsame Ebene der Mensch-Computer-Interaktion. Diese sympathischen Gadgets scheinen für ein viel größeres Projekt entworfen zu sein, für das Musik nur einen angenehmen Einstiegspunkt bieten könnte, in eine Welt, die den konstanten, reibungslosen und überwachten Verbrauch verspricht.
NPR And Edison Research Release
[2]
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In Deutschland sind viele Anbieter aus der klassischen Hi-Fi-Branche aktiv. Dazu “Smarte Lautsprecher im Test“.
Bildquellen
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